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Über den Irrglauben eines “heiligen” Kriegs.

Der Dschihad: Dieser Begriff ist wohl den meisten bekannt. Oft fällt er im Zusammenhang mit den terroristischen Machenschaften des Islamischen Staates, des IS. In Wirklichkeit ist Dschihad nichts anderes, als das arabische Wort für Kampf. Nicht der Kampf gegen Andersgläubige, sondern der Kampf, den man mit sich selbst austrägt. In jedem Menschen steckt Gutes, aber auch Böses. So wie in jeder anderen Religion können auch im Islam nur jene den Weg ins Paradies, zu Allah finden, welche das Böse in sich selbst bekämpfen.  Der Begriff Dschihad stammt aus dem Koran und aus der Sunna. Letztere bezeichnet das belehrende, normbildende Verhalten des Propheten Mohammed.

Schon in der Antike wurde der Dschihad jedoch militärisch verstanden. Vielen erschien die Begriffserklärung in Koran und Sunna nicht eindeutig. Einerseits wurde er defensiv ausgelegt, andererseits wurde er als Aufruf zum Kampf gegen Ungläubige verstanden, obwohl die Auslöschung dieser Menschen definitiv nicht im Koran gefordert wird. Ganz im Gegenteil: Der Koran zeigt eine sehr ähnliche Ansicht vom Töten eines Mitmenschen, wie die Zehn Gebote der Bibel. So heißt es in Sure 5, Vers 32: “Aus diesem Grunde haben Wir den Kindern Israel verordnet, dass wer eine Seele ermordet, ohne dass dieser einen Mord oder eine Gewalttat im Lande begangen hat, soll sein wie einer, der die ganze Menschheit ermordet hat. Und wer einen am Leben erhält, soll sein, als hätte er die ganze Menschheit am Leben erhalten”. Der Auslegung des Dschihad als Krieg gegen Ungläubige wiederspricht zudem Sure 2, Vers 256: “Es soll kein Zwang sein im Glauben.”

Die Schiiten, eine Konfession des Islams, legten den Dschihad als erste als spirituellen Kampf gegen das Böse in sich selbst aus. Dieser Ansicht schlossen sich immer mehr muslimische Gelehrte an. Heute ist diese friedliche Auffassung in der muslimischen Welt weit verbreitet.

Doch auch in der Moderne wird er von Terrororganisationen wie dem IS als Aufruf zu einem “Heiligen Krieg” verstanden. Diese Ansicht stößt bei dem Großteil der Muslime weltweit auf mehr als nur Unverständnis. Für sie ist dies nicht der Weg ihres Glaubens und nicht die Forderung Allahs. Denn im Koran wird dieser Begriff des “Heiligen Krieges” nicht einmal erwähnt.

Und dennoch: Obwohl wir in einem weitgehend aufgeklärten Zeitalter diesbezüglich und einer zunehmenden Weltoffenheit leben, schließen sich weitere junge Menschen dem Kampf des IS in Syrien an, auch aus Deutschland. Dabei stellt sich für uns wie für die meisten Muslime die Frage: Warum?

Die Antwort lautet: Propaganda. Videos auf Seiten wie YouTube locken mit vermeintlicher Kameradschaft innerhalb des IS und vermitteln einigen Sympathisanten das Gefühl, es sei ihre Pflicht, ihren “Brüder” im Kampf beizustehen. “Dschihad macht Spaß” lautet die erschreckende Parole des IS. Und damit ist sicher kein spiritueller Kampf im Inneren eines Menschen gemeint. Die Männer, die sich davon angesprochen fühlen, gewinnen den Eindruck, als wäre dies der einzig richtige Weg, als wäre der Krieg notwendig. Besonders junge Menschen, die keine Zukunftsperspektiven für sich erkennen können, die oft familiäre Probleme und eine schwere Vergangenheit haben, lassen sich leicht beeinflussen. Auch die im Internet zu findenden Hinrichtungsvideos scheinen, so unwahrscheinlich und verwerflich es auch auf uns wirkt, einen Propagandazweck zu erfüllen. Rein logisch betrachtet müsste es allen bei diesen Videos kalt den Rücken runterlaufen und ekeln, so dass sie nicht einmal mit dem Gedanken spielen würden, nach Syrien oder in den Irak zu gehen, sodass sich letztlich immer weniger Kämpfer dem IS anschließen würden. Doch die erschreckende Wahrheit ist: Allein aus Deutschland haben sich mittlerweile mindestens 550 junge Männer dem Kampf gegen Andersgläubige angeschlossen. Ihre Perspektivlosigkeit, ihr Wunsch nach einer Gemeinschaft macht sie zu Terroristen, zu Mördern, oder bringt sie am Ende selbst ins Grab.

Die wahren Folgen des Dschihads: elende Zerstörung. Foto: action press /

Die wahren Folgen des Dschihads: elende Zerstörung. Foto: action press / Abaca Press

Glücklicherweise treten Einzelpersonen oder Gemeinschaften von andersdenkenden Muslimen dieser Entwicklung entgegen: So gelingt es einigen zu verhindern, dass sich weitere junge Menschen dem Islamistischen Staat anschließen. Sie können einige dieser Männer überzeugen, dass sie in Syrien nichts anderes erwartet als Gewalt und zeigen ihnen den friedlichen Weg des islamischen Glaubens. Die meisten dieser ehemaligen Sympathisanten des IS sind ihnen dafür sehr dankbar, denn sie haben so ihr Leben und ihre Unschuld behalten. Ihnen ist es gelungen, sich von der Vorstellung des kriegerischen Dschihad zu lösen. Doch dazu brauchen sie aufgeklärte Menschen, die bereit sind, ihnen zu helfen.

Zudem versammeln sich immer wieder Muslime, um gegen Gewalt und Hass friedlich zu protestieren. So setzten sie z.B. schon am 19. September dieses Jahres durch einen Aktionstag in ganz Deutschland, welcher in 2000 Moscheen abgehalten wurde, ein deutliches Zeichen gegen den Terror. Wie sich die Situation im Nahen Osten entwickeln wird, werden wir wohl erst in einigen Jahren sehen. Doch das Leben für die Bewohner dieser Region hat sich für immer verändert. Selbst wenn die Flüchtlinge eines Tages wieder gefahrlos in diesen Ländern leben können, wird der Wiederaufbau sehr lange dauern. Von den seelischen Schäden derer, die durch den Terror ihre Familie und ihr Hab und Gut verloren haben, ganz zu schweigen.

Auch die Angehörigen anderer Religionen dürfen eines nicht vergessen: Es bestehen gewaltige Unterschiede zwischen dem Islam und dem Islamistischen Staat.

Kampf um Kobane - die Zukunft der syrischen Stadt an der türkischen Grenze ist von internationalem, politischen Interesse. Foto: action press /

Kampf um Kobane – die Zukunft der syrischen Stadt an der türkischen Grenze ist von internationalem, politischen Interesse. Foto: action press / Abaca Press

Ein Kommentar

  1. Ist echt gut der Beitrag

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