„Kaninchen im Unterricht geschlachtet“, diese Schlagzeile kreiste am Dienstag durch ganz Deutschland. Im Rahmen einer Projektwoche mit dem Titel „Leben in der Steinzeit“ wurde das Tier vor den Augen der Fünftklässler geschlachtet. Ein paar Kinder hatten noch Unterschriften gesammelt, um das Tier zu retten, allerdings ohne Erfolg. Bei der Schlachtung brachen einige Kinder in Tränen aus – vorher durften sie das Tier netterweise noch streicheln und sich bedanken, dass sie es essen dürfen.
Ob es juristisch korrekt war, dass das Kaninchen in der Schule vor den Augen von Zehn- und Elfjährigen geschlachtet wurde, ist ein anderer Punkt, viel mehr geht es um die Frage, ob es in Ordnung ist, das Tier zu schlachten und zu essen. Liebevoll bedankten sich die Kinder bei dem Kaninchen, dass sie es essen dürfen, wie es aber eben auch nur Kinder vollbringen. Die meisten Menschen essen Unmengen von Fleisch – ohne genau zu überlegen, was genau sie da verantworten. Sich bei einem Tier dafür zu bedanken, dass man es essen darf, ist nett gemeint, ändert aber nicht die Tatsache, dass das Tier mit einer hundertprozentigen Wahrscheinlichkeit nicht geschlachtet werden wollte, sondern liebend gerne weiterhin ein freies Leben geführt hätte.
Wenn man sich allerdings die Umstände anschaut, unter denen die Tiere gehalten werden, ist es auch wiederum fraglich, ob es die Schlachtung nicht gerade als Erlösung sieht, um nicht weiterhin zusammen mit hundert anderen von seinen Artgenossen auf engsten Raum eingepfercht sein zu müssen.

Umfrage
[poll id="10"]

Doch eigentlich war es ja noch nett, dass das Kaninchen bei der Schlachtung in der Schule schon tot war, sicher kann man sich da in Massentierhaltungen in Deutschland nicht sein. Rinder werden durch einen Bolzenschuss betäubt. Der Bolzen, ungefähr sieben bis elf Zentimeter lang, dringt in den Schädel des Tieres ein. Ein schneller Tod ist dadurch allerdings noch lange nicht garantiert. Der Bolzen soll im Idealfall durch den Aufprall auf die Schädeldecke eine kurze Bewusstlosigkeit und Gehirnschäden verursachen, die die Wahrnehmnungs- und Empfindungslosigkeit verlängern. Bevor das Tier wieder zu sich kommen könnte, hat es schon die nächsten Schlachtstationen durchlaufen und ist längst ausgeblutet, also tot.
Früher wurde nach dem Bolzenschnuss durch das Loch in der Schädeldecke ein langer Stab bis zur Wirbelsäule eingeführt und ein paar mal kräftig vor- und zurückbewegt. Danach wachte kein Rind mehr auf. EU-weit verboten wurde der Rückenmarkzerstörer durch das Ausbreiten der Rinderkrankheit BSE. Es sollte das Risiko verringern, dass BSE- Erreger aus dem Gehirn und der Wirbelsäule in das Fleisch übertragen werden. Wie schade für die Schlachtbetriebe, nun mussten wohl doch die teureren Alternativen angeschafft werden. Was für ein Aufwand.
Fehler treten bei der Betäubung nicht selten auf, ein schlecht gewartetes Bolzenschussgerät oder eine, wohl zu recht, verängstigte Kuh, die in Todesangst ihren Kopf ein Stückchen zu weit nach rechts bewegt, reichen aus, und das kopfüber am Schlachtband hängende Tier bekommt mit, wie seine Halsschlagader durchgetrennt wird. Wenn der Schlachter nun möglichst schnell fertig werden und nach Hause zu seiner Familie will, wartet er eventuell die Ausblutungszeit nicht ab und die Kuh bekommt ihre eigene Zerlegung mit, die mit dem Abschneiden der Ohrenmarken und dem Abtrennen der Vorderbeine beginnt.
Schweine dagegen werden nicht mit einem Bolzenschussgerät getötet, sondern mit Gas betäubt. Das Problem liegt hierbei nicht bei einer nicht ausreichenden Betäubung, sondern bei dem Stecher, der die Halsschlagader durchtrennen soll. Bei einer Geschwindigkeit von 1.500 Schweinen, die in einer Stunde an einem Stecher vorbei rasen, bleiben für ein Schwein gerade mal 2,4 Sekunden übrig. Schon erstaunlich, dass die Fehlerquote bei der Fehlschlachtung nur bei 1 % liegen, ein Blutgefäß oder sogar ein ganzes Schwein ist ja mal eben schnell übersehen. Allerdings bedeuten die 1 %, dass von den 56 Millionen Schweinen, die 2009 in Deutschland geschlachtet wurden, 500.000 Schweine miterleben, wie sie im Brühbad aufwachen und mit kochendem Wasser übergossen werden. Das sind 1370 Schweine an einem Tag, praktisch gesehen, stirbt jede Sekunde ein Schwein auf diese Art und Weise. Erlaubt ist das natürlich nicht, überprüft oder dagegen unternommen wird allerdings auch nichts. Es gäbe auch Schlachtungsmethoden, die vorher den Tod des Schweines sicherstellen, aber: Es ist ja nur ein Schwein – wer will dafür schon mehr Geld ausgeben? Du selbst spürst ja nichts von dem Leid.
An Kreativität mangelt es den Schlachtern nicht: Hühner werden mit dem Kopf durch ein Elektro-Wasserbad gezogen. Von den 600 Millionen Hühnern und Hähnen werden nach Schätzungen der Albert-Schweitzer-Stiftung 20 Millionen Tiere unzureichend oder gar nicht betäubt. Dadurch, dass ein Huhn panisch und in Todesangst flattert, kann es sich dem Elekto-Wasserbad entziehen – und bekommt daraufhin seinen eigenen Kehlschnitt mit.
Die verschiedenen und brutalen Haltungsformen muss man gar nicht mehr erwähnen. Teilweise hocken die Hühner auf schiefen Böden, damit die Eier schneller entnommen werden können, vollgepumpt mit Antibotika, damit man möglichst viel Fleisch von einem Tier bekommt. Die Beine passen sich diesem enormen Gewicht nicht an, das Huhn bricht irgendwann unter seinem eigenen Gewicht zusammen. Dazu manipulieren die Mastbetriebe die Lichtverhältnisse in den riesigen lagerhallenartigen Ställen, indem sie die Tage verkürzen und es früher Morgen werden lassen – das bringt mehr Eier. Um den Nutzen eines Huhnes maximieren zu können, werden ihm nicht nur die Eier geklaut und es wird nach einem kurzen und düsteren Leben geschlachtet, sondern es wird auch noch mehrmals in seinem Leben bei vollen Bewusstsein gerupft. Das ergibt schön warme Daunendecken, Hauptsache wir müssen nicht frieren. Und am Ende kaufen die Meisten doch die billigeren Eier, man spart ja, wo man sparen kann. Und die Betriebe mit den schlimmsten Haltungsbedingungen schöpfen wieder einen Gewinn aus dieser Sache.
Doch guten Gewissens Vegetarier zu werden, reicht auch nicht immer. Pro Ei, das wir verspeisen, wird ein Hahnen-Küken zerschreddert. Hähne werden nicht in den Massen gebraucht, sie können ja keine Eier legen. Also quälen wir beim Verspeisen eines Eies nicht nur das Huhn, das es legt, sondern töten automatisch noch einen Hahn, gleich nach dem Schlüpfen.
Man könnte bei der Haltung eines jeden Tieres jetzt etwas Unmoralisches feststellen, wie Pferde, die nicht den ganzen Tag in stickigen Ställen stehen und auch nicht süße kleine rosa gekleideten Mädchen durch die Gegend tragen wollen, doch ändern tut das auch nichts. Am Ende wird unsere Gesellschaft weiter Tiere züchten, quälen und anschließend aufessen und immer nur an ihren eigenen Vorteil denken. Wie auch schon Pius der 4., Papst von 1846 bis 1878 der Menschheit erklärte „… der Mensch hat doch, was die Tiere betrifft, keinerlei Verpflichtungen“ kann man auch aus religiöser Sicht anscheinend die Tiere zu Tode quälen, wenn schon der Gottesvertreter auf Erden davon spricht. Du würdest ja nur die Aussage von Gott befolgen und kommst dafür wahrscheinlich sogar in den Himmel. Ob nun Gläubiger oder Nichtgläubiger, man kann auch bewusst die Augen verschließen und einfach ignorieren, was man nun weiß, um weiter sein saftiges und in fetttriefendes Hähnchen essen zu können.
Obwohl man fast gar nicht mehr guten Gewissens weiß, was man essen soll, müssen wir jetzt nicht alle auf der Stelle Vegetarier werden, doch noch einmal seine Essensgewohnheiten zu überdenken und es sich zweimal überlegen, ob man noch ein kleines Hühnchen auf dem Gewissen haben will, hilft manchmal schon.

Bei weiterem Interesse zu diesem Thema empfehle ich das Buch „Anständig Essen“ von Karen Duve, aus dem ich viele meiner Informationen und Angaben habe.

Ein Kommentar

  1. Monika Franke sagt:

    Wichtiger Beitrag!

Schreibe ein Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>