Vom 15.04 bis zum 26.04 2013 machten die 9. Klassen ihr erstes Betriebspraktikum. Pressident-Redakteurin Sabrina besuchte eine Behindertenwerkstatt in Pinneberg – und lernte dort Dinge, die ihr Leben bereichert haben.

In der kommenden Print-Ausgabe geht es um das Titelthema „Inklusion“. Eine tolle Art und Weise, mit Behinderten umzugehen, wie ich finde. Und trotzdem bewarb ich mich für mein diesjähriges Praktikum im Lebenshilfewerk Pinneberg, in der Werkstatt Eichenkamp. Sie ist eine staatlich anerkannte Reha-Einrichtung, die sich ausschließlich um behinderte Menschen kümmert. Die Behinderten, oder, wie man auch häufig sagt, die Gehandicapten, arbeiten hier fünf Tage die Woche bis 15.00 Uhr. Würde man hier den Inklusionsgedanken durchführen, wie man es zum Beispiel im Kindergarten der Lebenshilfe macht, würden hier nicht nur Behinderte arbeiten, sondern auch gesunde Menschen. Vor Beginn meines Praktikums am 15. April 2013 habe ich mich oft gefragt, wieso das hier nicht der Fall ist. Jetzt, im Nachhinein, weiß ich, weswegen es manchmal besser ist, die Inklusion nicht durchzuführen.

Einige Leute aus meiner Gruppe, mit denen ich an meinem letzten Praktikumstag in den Hansapark ging

An meinem ersten Tag des Praktikums bin ich schon morgens tierisch nervös. Ich habe keine Ahnung, was mich erwarten wird, und was ich machen werde. Nur eines beruhigt mich: einer meiner Klassenkameraden macht ebenfalls hier Praktikum. Doch wir machen das Praktikum nicht zusammen, er wird in eine völlig andere Gruppe gebracht als ich. „Also muss ich da wohl doch alleine durch“, denke ich und gehe langsam in die mir zugeteilte Gruppe. Entgegen meiner Befürchtungen sind hier alle wahnsinnig nett, sie nehmen mich sofort in ihre Gemeinschaft auf und akzeptieren mich so wie ich bin. So soll es hier immer sein, erfahre ich später. Nie wird jemand direkt ausgeschlossen, und trotzdem zeigt man sich gegenseitig, wenn einem das Verhalten eines Anderen nicht gefällt. Im Laufe der nächsten Tage komme ich den gehandicapten Arbeitern immer näher; Wir unterhalten uns über alles Mögliche. Das ist eine tolle Eigenschaft von vielen Behinderten, man kann über wirklich alles mit ihnen reden, und kann sicher sein, dass sie niemals etwas weitererzählen werden. Die Arbeit, die wir machen, ist hingegen ziemlich eintönig. Ich habe in den gesamten zwei Wochen zum Beispiel selten eine andere Aufgabe als Tee einpacken. Immer dasselbe: Tee rein, Packung zu, Kleber oben drauf, Ablaufdatum unten drauf, sechs Packungen in einen Karton, Karton zukleben, fertig. Oder eine andere Teesorte: 15 Tüten abwechselnd stapeln, in die Schachtel stecken, Nadel rein, Packung zu, fertig. An zwei Tagen darf ich aber sogar für Tchibo arbeiten. Das ist dann auch um einiges anstrengender: Werbezettel richtig herum (!) hinlegen, Kaffeestick mit zwei kleinen Punkten bekleben und rauf auf den Werbezettel. Natürlich im richtigen Winkel und Abstand. Hierbei komme ich tatsächlich zwischendurch ins Schwitzen, das ist nämlich gar nicht so leicht, wie es klingt. Doch keiner beklagt sich jemals über die Arbeit. Alle wissen, dass die Werkstatt dankbar sein kann, dass immer wieder neue Aufträge kommen. Denn für viele Unternehmen wäre es günstiger, die Produkte mit Maschinen fertigstellen zu lassen. Und doch geben selbst große Unternehmen wie Tchibo ihre Produkte zur Lebenshilfe, um den Menschen Arbeit zu geben.

Meine Mittagspausen verbringe ich meistens zusammen mit einigen Auszubildenden. In der Mensa gibt es jeden Tag Essen. Erst wenn wir schon fast aufgegessen haben, kommen die ersten behinderten Personen in den Saal, aufgeteilt in Gruppen, damit nicht alle auf einmal kommen.

Danach geht es wieder an die Arbeit. Die Leute aus meiner Gruppe sind mir inzwischen schon richtig ans Herz gewachsen. An meinem letzten Tag gehen wir dann alle zusammen in Hansapark.  Gemeinsam mit den Behinderten habe ich sogar einige Attraktionen genutzt, obwohl ich normalerweise totale Angst davor habe. Sie nahmen mich einfach ganz fest in die Arme, sodass ich gar nicht mehr sehen konnte, wohin wir grade fahren. Gemeinsam mit all den Leuten wird dieser Tag im Hansapark zu einem der schönsten in meinem Leben. Ich bin glücklich, diese zwei Wochen erlebt zu haben. Und endlich weiß ich auch, dass Inklusion nicht immer alles ist. Denn gesunde, dafür aber manchmal gefühllose Menschen wie an vielen anderen Arbeitsplätzen passen in die Lebenshilfe einfach nicht hinein.

Ein Kommentar

  1. Toller Bericht. Denn werde ich hier in unserer Wohngruppe vorlesen. Mal sehen, wer sich an Dich erinnert.
    Danke!!! Liebe Grüße aus der WG Thomas Mann Straße

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