Der Krimi-Wahnsinn an unserer Schule geht weiter.

Hereingestürmt kam mit hochrotem Kopfe, das lockige Haar fliegend, die Brille schief auf der Nase, Jenny Wutson. Ihr zierlicher Körper zitterte und sie musste sich an den Türrahmen lehnen. Mit aufgeregtem, jedoch trotzdem unsicheren Blick schaute sie in die Runde, in der das Gespräch jäh abgebrochen worden war und aus der ihr fragende Gesichter entgegenblickten. Nach zwei Schreckenssekunden hob der Schulleiter die rechte Hand und setzte zur Standpauke an, wurde aber von Jenny unterbrochen, die auf einmal herausplatzte: „Bitte entschuldigen Sie die Störung, aber es kursieren schreckliche Gerüchte, die Polizei ist in der Schule, mein Freund ist nicht im Unterricht und ich habe seit gestern nichts mehr von ihm gehört, die Leute tuscheln -“ Sie brach ab, als ihre Stimme versagte. Die Anwesenden sahen sich unsicher an, bis schließlich alle Blicke auf Kommissar Bärlauch gerichtet waren, der nach wie vor gelassen auf seinem Stuhl saß, die Ellenbogen auf den Tisch gestützt und die Hände unter dem Kinn gefaltet. Er wandte sich an das Mädchen: „Wie ich höre, sind Sie sehr gut mit Hannes Cästorp bekannt?“ Jenny nickte stumm und schaute ihn mit großen Augen durch ihre dicken Brillengläser an. „Bitte setzen Sie sich zu uns“, sagte er und deutete auf einen freien Stuhl an der Wand, den Jenny mit zitternden Händen ergriff und neben Tim an den Tisch gegenüber von Bärlauch stellte und Platz nahm. „Es hat sich vergangene Nacht eine Tragödie an dieser Schule ereignet“, begann Bärlauch und machte eine Kunstpause, „von der Sie zweifelsohne das Recht haben, zu erfahren. Leider muss dies noch warten, bis die Eltern des jungen Mannes dazugezogen wurden; zwei meiner Mitarbeiter sind gerade bei ihnen. Wenn ich Sie also bitten dürfte, diese wichtige Unterredung nun nicht weiter zu -“ „Mit Verlaub“, redete Jenny dazwischen, „ich verlasse diesen Raum nicht ohne eine Antwort auf die Frage, wo mein Freund ist und ob es ihm gut geht!“ Tim blickte sie entsetzt an. So außer sich kannte er die Freundin seines besten Freundes gar nicht. Sie war die Leiterin der Mathe-AG und eine Einser-Schülerin und außerdem bekannt für ihre guten Manieren. Nie hätte sie einer Autoritätsperson wie dem Kommissar widersprochen, schon gar nicht einer mit derartigem Charisma und respekteinflößender Ausstrahlung. Er vermochte nicht, sich vorzustellen, was in diesem Moment in ihr vorgehen musste, das sie zu diesem Verhalten trieb.  Bärlauch schien einen kurzen Moment überrascht, verfiel dann aber wieder in seine Gelassenheit und sagte: „Wie Sie meinen. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Hannes Cästorp heute früh im Schulgebäude tot aufgefunden wurde. Meine Mitarbeiter und ich sind Beauftragte der Mordkommission und mit dem Fall betraut. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Ihnen als enge Freundin des Verstorbenen gern einige Fragen stellen.“ Jennys Augen weiteten sich, als könne sie nicht fassen, was der Kommissar ihr gerade eröffnet hatte. Stumme Tränen rannen über ihre Wangen und wie in Trance sagte sie: „Ja, fragen sie.“

Bärlauch zog eine Augenbraue hoch, warf einem der Polizisten einen Blick zu, sodass dieser Papier und Stift hervorholte, und begann dann: „In welchem Verhältnis standen Sie zum Verstorbenen?“ „Ich war seine Freundin. Wir waren ein Jahr zusammen“, antwortete Jenny mit seltsam monotoner Stimme. „Tim war sein bester Freund und wir haben uns immer alle, auch mit Tims Freundin Lola, super verstanden…“ „Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zum Verstorbenen?“ „Gestern gegen 17 Uhr. Wir haben telefoniert, bis er zur Theaterprobe los musste.“ „Theater sagen Sie?“ „Ja, er war in der Theater-AG hier an der Schule. Bald findet eine Aufführung statt und gestern war die vorletzte Probe.“ „Der Verstorbene wurde im Requisitenraum aufgefunden. Können Sie sich vorstellen, mit wem er dort zusammen gewesen sein könnte?“ „Ich weiß nicht, wohl allein oder mit anderen AG-Mitgliedern. Er bleibt abends meistens eine Viertelstunde länger zum Aufräumen der Requisiten.“ „Sie selbst waren zu diesem Zeitpunkt zuhause?“ „Ja, mit meinen Eltern.“ „Hat der Verstorbene Ihnen gegenüber etwas Ungewöhnliches über den Probenabend geäußert?“ „Nein, alles schien wie immer. Wir haben uns bis zum nächsten Tag in der Schule verabschiedet.“ „Hatte der Verstorbene irgendwelche Ihnen bekannte Feinde in seinem Umfeld?“ Diese Frage richtete Bärlauch auch an Tim, der bislang stumm dagesessen und auf seine Hände geblickt hatte. Tim und Jenny schauten sich an und wussten, dass sie das Gleiche dachten. BULLY, ein Schüler aus dem Jahrgang über ihnen, der Hannes und Tim seit der fünften Klasse gemobbt hatte. Aber waren das nicht nur Kindereien und kein Motiv für einen ernsthaften… Mord? Tim entschied sich, nichts zu sagen und warf Jenny einen vielsagenden Blick zu, der auch sie zum Schweigen aufrief. Die beiden schüttelten also den Kopf und Bärlauch kritzelte ein paar Worte auf gelbe Haftnotizzettel. „Hat jemand von Ihnen beiden noch etwas zu ergänzen?“ Bärlauch schaute sie an. „Nein“, sagte Tim, von einer seltsamen Scheu gegenüber dem Kommissar erfasst. Irgendetwas sagte ihm, dass er sich auf diesen Mann nicht verlassen sollte, wenn der Mord an seinem besten Freund aufgeklärt werden sollte. „Dann bedanke ich mich bei Ihnen und wünsche Ihnen einen angenehmen Tag. Sie sollten schnellstmöglich in den Unterricht zurückkehren“, entließ Bärlauch die Schüler und Tim und Jenny verließen betreten das Büro. Der Gang war nun ausgestorben, keine Schülergruppen standen mehr tuschelnd und starrend herum und Tim fühlte sich etwas wohler. Als er Jenny anschaute, sah er, dass sie noch immer stumm weinte und ins Leere starrte. Tim nahm sie kurz in den Arm und sagte: „Wir kriegen das schon hin“, ohne zu wissen, was er damit meinte oder wie das dem trauernden Mädchen helfen sollte. Jenny schenkte ihm für den kläglichen Versuch ein zaghaftes Lächeln und sagte, sie müsse nun zu ihrem Biokurs, da sie nicht noch mehr verpassen wolle und das eine ganz gute Ablenkung sei. Damit verschwand sie um die Ecke und Tim blieb allein im Gang zurück. Ich sollte wohl auch besser zum Unterricht gehen, dachte er und drehte sich um, als er plötzlich eine vertraute Gestalt sah, die ihm entgegenkam. Es war seine Freundin Lola, die sich ihm in die Arme warf, das lange blonde Haar in einem Pferdeschwanz und das Make-up leicht verwischt, als hätte sie sich die Augen gerieben. „Tim!“, rief sie, „Was war denn eben los?“ Tim erklärte ihr die Situation, während ihre Augen immer größer wurden und das Gehörte ihr scheinbar die Sprache verschlug. „Es war furchtbar, ihn da so liegen zu sehen…“, sagte Tim mit zittriger Stimme. Er hätte gern geweint, aber das wollte er sich vor Lola nicht erlauben. Stattdessen nahm er sie in den Arm und drückte sie, als wolle er sich an ihr festhalten. Lola legte ihre Hände auf seinen Rücken und sagte: „Schhh, alles wird gut, wir schaffen das gemeinsam…“ Tim löste sich von ihr und schaute sie direkt an. „Ich vertraue dem Kommissar, der die Ermittlungen leitet, nicht. Ich möchte auf eigene Faust mehr herausfinden, um Hannes’ Tod aufzuklären.“ „Das kannst du doch nicht machen!“, sagte Lola aufgeregt, „Das ist viel zu gefährlich! Es ist nicht gut, so in den Machenschaften eines Mörders herumzustochern und ich möchte nicht, dass dir auch noch etwas passiert.“ Tim fühlte sich von ihrer Angst um ihn ein wenig geschmeichelt, sagte aber: „Ich weiß, dass es das einzig Richtige ist“ und ergriff Lolas Hand, um mit ihr zum Kursunterricht zu gehen.

Wie soll die Geschichte weitergehen? Entscheide selbst! Du musst nur die Frage beantworten.

Krimigeschichte2
Soll Tim Lola in seine Ermittlungen miteinbeziehen oder auf eigene Faust nachforschen?

Ein Kommentar

  1. Tolle Fortsetzung!

    Zu zweit ermittelt sich natürlich besser … und sicherer?

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