Die Wahrsager unserer Zukunft

Von Sania

Wird mein Kind, wenn es groß ist, ein Weltklasse-Sprinter? So etwas sollen Ärzte in Zukunft aus den Genen lesen können. Wie weit ist die DNA-Forschung?

Wer würde nicht gerne, der Vorbeugung zuliebe, wissen, an welcher Krankheit man später erkranken könnte, wann man besonders vorsichtig sein sollte oder wo die eigenen Starken liegen?Die Neugier der Menschen ist so gut wie grenzenlos! Rein vom Prinzip her ist das einfach. Man nehme seine eigene Speichelprobe, schicke diese einem Unternehmen zu und, voilà, die Vorhersage ist fertig. Das zumindest behaupten große amerikanische und zunehmend europäische Unternehmen auf ihren Internetseiten und in unzähligen Werbebroschüren. Seit einiger Zeit besteht bereits die Möglichkeit diese Tests durchzuführen. Kosten tut der Spaß aber eine ganze Menge – ungefähr zwischen 100 und 1000 Euro, je nachdem was man erfahren möchte. Doch angesichts der vielseitigen und spannenden Versprechen, wie beispielsweise, den genetisch perfekten Partner zu finden, Kenntnis von Krankheiten bevor sich erste Symptome zeigen, oder aber auch die Abstammung seines Mischlinghundes, scheint dieses Geld gut investiert zu sein.

Theoretisch ist es möglich aus den Genen solche Informationen zu bekommen.

Gene sind nämlich die Grundausstattung oder auch der Bauplan eines Menschen, welche man von den Eltern geerbt hat. Diese Gene sind im Kern der Körperzellen, jedoch in verschlüsselter Form, enthalten. Sie bestimmen wie die Zellen aussehen sollen und welche Funktion sie im Organismus spielen. Außerdem findet man diese nicht einfach in den Zellkern, sie sind nämlich auf sogenannten Chromosomen gespeichert.

Die Gene beinhalten wichtige Informationen über den Menschen. So bestimmt zum Beispiel ein Gen unsere Augenfarbe, ein anderes wiederum ist für die Funktion der Nervenzellen in unserem Gehirn verantwortlich. Gene können auch Defekte haben und durch Gentests kann man dann, an Hand dieser Fehlfunktion des Gens, erkennen, ob man beispielsweise ein erhöhtes Herzinfarktrisiko hat. Jeder Mensch enthält tausende von Genen. Sie sind verantwortlich für unser Aussehen, unsere Entwicklung, unser Talent. Eigentlich sind sie für fast alles verantwortlich. Soweit zur Theorie, die Praxis sieht – wie so oft – anders aus.

“DNA-Analysen werden nicht alles schaffen”, C: Gerd Altmann, pixelio

„Durch einen DNA-Test wird man nie wissen können, ob man krank wird, sondern nur, dass die Gefahr etwas größer ist. Es wird einem zum Beispiel gesagt, dass man den doppelten Risikofaktor hat, einen Herzinfarkt zu bekommen.“, erzählt Volker Henn, Redakteur der „Wissenschau“, welcher seit Jahren im Bereich der Genforschung recherchiert, viele Beitrage verfasst und noch mehr Informationen dazu gesammelt hat.

Es ist also nicht so, dass man aufgrund von Genen einen Stempel bekommt und hundertprozentig mit einer vererbten Krankheit konfrontiert wird, auch deshalb nicht, weil zu einer Krankheit nicht nur die Gene eine Rolle spielen, sondern insbesondere auch die Umwelt, das eigene Verhalten, die eigenen Ambitionen und vieles mehr. „Die Gene steigern das Risiko zum Beispiel von einem auf zwei Prozent, einen Herzinfarkt zu bekommen.“, erklärt Henn. Eine genaue Vorhersage der Krankheiten, die man bekommen wird, scheint zumindest so nicht möglich. Im Falle einer erhöhten Gefahr für eine bestimmte Krankheit kann der den Gentest durchführende Arzt lediglich dem Betroffenen einen gesunden Lebenswandel ans Herz legen. Also das, was man auch als gesunder Mensch von Ärzten immer zu hören bekommt.

Dennoch steht fest, dass man aus den Genen einer der Ursachen der Krankheiten herausfinden und so diese einerseits vermeiden und andererseits neue Medikamente entwickeln kann.

Auf die Frage hin, ob es möglich ist aus den Genen herauszufinden, dass man ein 100-Meter-Sprinter wird oder nicht, antwortete Herr Henn mit einen schmunzeln: „Für den aktuellen Stand der Forschung stimmt das sowieso nicht und auch für die Zukunft würde ich das ganz stark bezweifeln. Es ist nicht nur das Gen, das einen Menschen bestimmt. Und gerade bei einen 100-Meter-Sprinter kommen ganz viele Sachen zusammen.“

Auch zukünftig ist sich Volker Henn sicher, dass sich an den Gentests nicht viel ändern wird: „Man wird nie mit genauer Sicherheit bestimmen können, ob man diese oder jene Krankheit bekommt oder nicht. Das Risiko bzw. die Prozentzahl des Risikos wird genauer bekannt sein, es könnte sogar einige wenige, spezielle Fälle geben, in denen man es vorhersagen kann, bei anderen wiederum nicht. Es kommt letztendlich auf die Krankheit an.“

In der Zukunft wird es wahrscheinlich immer mehr und mehr Unternehmen geben, die diese Tests anbieten, jedoch werden sie vermutlich das gleiche Image haben wie heutige Wahrsager: Jeder Kunde ist sich bewusst, dass das Eintreffen der Vorhersagen kaum zutreffen wird, dennoch geht man hin aus purer Neugier – und aus Spaß.

Wer denkt, in unserer entwickelten und erforschten Welt gäbe es fast keine Geheimnisse mehr, der hat seine Rechnung ohne die Gene des Menschens gemacht. Noch auf lange, lange Zeit, so sagen Experten, werden wir nicht wissen, wie das Genom funktioniert. Insbesondere am Zusammenspiel der unzähligen verschiedenen Kombinationen mehrerer Gene werden sich Wissenschaftler noch die Zähne ausbeißen.

Zweifelsfrei muss man die Entwicklung auf diesem Forschungsgebiet anerkennen. Seit 1993 kann man mittels Gentests die Huntington-Krankheit nachweisen – noch bevor man die ersten Merkmale der unheilbaren Hirnerkrankung mitbekommt, auch schon bei Ungeborenen. Seit einiger Zeit kann man mit akzeptabler Wahrscheinlich nach einem Gentest voraussagen, ob bei Krebserkrankten eine Chemotherapie sinnvoll ist.

Doch DNA-Analysen werden nicht alles schaffen, trotzdem werden sie vermutlich immer populärer werden. Ungeklärt hingegen ist die Frage des Datenschutzes. Für die Wirtschaft sind DNA-Daten von unglaublicher Wichtigkeit. Das Geschlecht eines Menschens über Facebook herauszufinden erscheint unter dem Gesichtspunkt, dass die DNA-Daten eines Menschen zu Werbezwecken verwendet werden könnten, als Lachnummer. Ein Patent für personalisierte Werbung, abhängig von der DNA des Menschen, wurde bereits angemeldet.

Aber wer weiß? Vielleicht wird doch noch der Tag kommen, wo es ganz normal ist, seine Gene analysieren zu lassen. Vielleicht wird man irgendwann einmal vor der Geburt eines Kindes wissen, wie es aussehen wird und welche Krankheiten es wann zu behandeln gibt. Fakt ist wohl nur eins: Wir werden nicht das letzte Mal von den DNA-Analysen gehört haben.

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