Zu Gut für die Tonne – Lebensmittelverschwendung
Julia sitzt an einem Nachmittag in ihrem Zimmer und schaut Fernsehen. Beim Herumschalten erscheint Ilse Aigner (Bundesministerin für Ernährung, Verbraucherschutz und Landwirtschaft, CSU) auf dem Bildschirm. Die Ministerin erklärt in einer Konferenz, dass jeder Deutsche pro Jahr 81,6 Kg Lebensmittel zu Unrecht wegwirft und das dies zusammengerechnet für Deutschland eine Summe von 11 Millionen Tonnen (!) ergibt. Julia ist überrascht, denkt jedoch, dass sie damit eh nichts zu tun hat, da sie ja zu jung ist und ihre Eltern den Einkauf erledigen.
Am Abend möchte sich Julia einen Joghurt aus dem Kühlschrank nehmen, als sie bemerkt, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) seit zwei Tagen abgelaufen ist. Auf dem Weg zum Mülleimer fällt ihr jedoch der Fernsehbericht vom Nachmittag wieder ein. Hatte Ilse Aigner nicht auch darüber etwas gesagt? Julia setzt sich mit ihrem Joghurtbecher sofort an den Computer, um näheres über diese angebliche Lebensmittelverschwendung zu erfahren. Dabei stößt sie auf die Seite des Bundesministeriums „Zu gut für die Tonne“ . Dort erfährt sie, dass die Gründe für die Lebensmittelabfälle vielfältig und zu zwei Dritteln vermeidbar wären. Häufig werden Nahrungsmittel weggeworfen, weil das MHD abgelaufen ist. Das dies nicht zwangsweise bedeutet, dass das abgelaufene Produkt nicht mehr essbar ist, ist für Julia neu. Glaubte sie doch jahrelang, dass man Nahrungsmittel nach Ablauf dieses Datums sofort wegschmeißen müsste. Auf der Seite erfährt Julia jedoch, dass es sich bei dem MHD nur um eine Garantie des Herstellers handelt, dass sich das Lebensmittel bis zu diesem Tag weder in Aussehen, noch im Geruch verändert. Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss, dass Produkte auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums genießbar sind und verzehrt werden können – vorausgesetzt, sie sind noch ungeöffnet und riechen nicht komisch oder haben ihre Konsistenz verändert. Julia fragt sich, wie es dazu kommt, dass fast 82 Kg Lebensmittel pro Person im Jahr deutschlandweit weggeworfen werden. Klar, auch sie hätte fast ihren Joghurt weggeschmissen – aber allein durch das Wegwerfen von Joghurts kann es doch nicht zu einer solchen Menge kommen? Bei ihrer Suche stößt Julia auf weitere Informationen: Nicht nur Milchprodukte, sondern auch Obst und Gemüse oder Fertigprodukte werden häufig grundlos in die
Mülltonne befördert. Eben weil das MHD abgelaufen ist oder weil Obst und Gemüse aufgrund kleiner Druckstellen nicht mehr ansehnlich genug aussehen. Julia kann dieses Verhalten nicht verstehen, da man bei einer Orange die Schale vor dem Essen doch entfernt – egal ob mit oder ohne Druckstelle. Als Julia genauer auf den Bildschirm blickt, entdeckt sie einen Link zu einer „Mülltaucher“-Seite. Verwundert aber auch neugierig klickt Julia auf den Verweis und ist erstaunt: Es gibt viele Leute, die ihre ganz eigene Protestform gegen die Überschussgesellschaft praktizieren: Sie treffen sich häufig in Gruppen und ziehen nachts von Supermarkt zu Supermarkt, um dort in den Mülltonnen nach weggeworfenen aber noch verzehrbaren Lebensmitteln zu suchen. Diese Leute protestieren gegen den „Wegwerfwahn“ von noch essbaren Nahrungsmitteln, indem sie die Produkte aus den Tonnen holen und selbst verwerten, sodass diese nicht komplett entsorgt werden. Aber es gibt auch noch eine andere Form: So werden zum Beispiel viele Lebensmittel kurz vor dem Ablaufen an Organisationen, wie die „Tafel“ gespendet, wo Menschen mit geringen Einkommen Unterstützung durch die gespendeten Produkte erhalten können. Julia findet dies gut und liest auf dieser Seite außerdem, dass im Durchschnitt jeder Deutsche durch das grundlose Wegwerfen von Lebensmittel ca. 234 € pro Jahr in die Mülltonne befördert. Eine riesige Summe, wenn man bedenkt, was sich Julia dafür alles kaufen könnte. Julia ist an diesem Abend zu einer Erkenntnis gekommen: Sie wird in Zukunft darauf achten, ob die Lebensmittel auch nach Ablauf des MHD gut sind und sie nimmt sich auch vor, ihren Eltern von dieser Konferenz zu erzählen, damit diese schon beim Einkaufen darauf achten können, nicht zu viel einzukaufen und auch mal Äpfel mit Druckstellen zu erwerben, da diese sonst ohne einen berechtigten Grund weggeworfen würden.
Nach einer eingehenden Prüfung ihres seit zwei Tagen abgelaufenen Joghurts – und dem Befund, dass dieser noch genießbar ist – freut sich Julia, dass sie jetzt ganz bewusst ihren Joghurt genießen kann – denn dieses Produkt wäre wirklich zu gut für die Tonne gewesen.
Julias Tipps:
- Ein Abgelaufenes MHD bedeutet nicht gleich, dass ein Lebensmittel schlecht ist. Daher gilt: Ungeöffnete Nahrungsmittel bei überschrittenem MHD vor dem Verzehr immer mit den Sinnen prüfen, um festzustellen, dass diese vielleicht doch noch genießbar sind.
- Überlegtes Einkaufen: Nur das Einkaufen, was wirklich benötigt wird. Ein Einkaufszettel und ein kurzer Check des Kühlschranks können dabei helfen.
- Richtige Lagerung: Ob Kühlschrank, Gefriertruhe oder Vorratskammer – jedes Lebensmittel muss anders gelagert werden. Wie und wo Nahrungsmittel gelagert werden, erfährst du hier .
@ Julia
Als Koch habe ich nicht solche Probleme, bei mir wird eigentlich so gut wie alles verwertet. Die Kampangne von Frau Aigner halte ich für reinen aktionismus.
Das möchte ich an deinen Tipps begründen.
Zu 1.: Um mit den Sinnen wirklich verlässlich prüfen zu können müssen die Sinne geschult sein. Hierzu gibt es zwar Ansätze in den Schulen aber es sind ja nicht einmal genug Lehrer da um den Kindern das Schreiben beizubringen. Bildung und Wissen kostet und dafür hat die Politik kein Geld. Im übrigen werden die MHD immer kürzer.
Zu 2.: Im September brauchte ich Zwiebeln, eigentlich nichts besonderes. Im Suppermarkt bekam ich Zwiebeln aber nur im 5 Kg Sack für 1,11 €!! Das ist doch eine klare Aufforderung zum wegschmeisen. Ich habe dann halt einen Zwiebelkuchen gemacht und einen Teil verschenkt.
Zu 3.: Wissen ist eine Holschuld, darum muss sich jeder selbst kümmern. Hier treffen nun die ersten Punkte zusammen. Zunächst muss man überhaupt wissen das es besonderheiten bei der Lagerung gibt. Zum anderen hat der Handel aber auch kein interesse den Kunden darüber aufzuklären, es geht um seinen Umsatz. Als Beispiel möchte ich hier die Kartoffel anführen.
Ich meine mit der Kampange “Zu Gut für die Tonne” soll die Verantwortung von Politik, Industrie und Handel auf die Verbraucher übertragen werden.