Oktober-Revolution im November?
In Russland wird alljährlich am 7. November der Jahrestag der Oktober-Revolution begangen, die am 25. Oktober 1917 in Petrograd (später Leningrad, seit 1991 St. Petersburg) ihren Anfang genommen hat.
Dass die Feiern zu dem Jahrestag im November abgehalten werden, sollte nicht zu dem Schluss verleiten, die Russen würden ihrer Zeit hinterherhinken. Wohl benutzten die Russen bis weit in das vergangene Jahrhundert hinein einen an sich überholten Kalender, nämlich den julianischen Kalender. Dieser war vor über 2000 Jahren von dem römischen Herrscher Gaius Julius Caesar eingeführt worden, nach dessen Familienname Julius der Kalender bezeichnet wurde.
Das julianische Kalenderjahr ist gegenüber dem realen Sonnenjahr jedoch etwas zu lang bemessen worden. Dadurch `wanderten` die Daten von Naturerscheinungen, die immer zu derselben Zeit vorkommen, kalendarisch allmählich rückwärts Richtung Jahresanfang, so beispielsweise das Kalenderdatum der Tagundnachtgleiche. Da dieses Datum aber für die Bestimmung der Daten von hohen christlichen Feiertagen (z.B. Ostern) außerordentlich wichtig ist, versuchte die weströmische Kirche in Rom (röm. kathol. Kirche) unter Papst Gregor XIII. das Kalenderjahr dem Sonnenjahr anzugleichen. Dazu verfügte Gregor XIII. folgende Veränderung des julianischen Kalenders: Im einem Zyklus von vier Jahrhunderten fallen insgesamt drei der von Julius Caesar in den Kalender eingefügten Schalttage (Schaltjahre) weg, und zwar in den Jahren, in denen ein Jahrhundert vollendet wird mit Ausnahme der Jahrhunderte, deren Anzahl durch vier teilbar ist, ohne dass ein Rest übrig bleibt. Daher waren nach der Kalender-Reform die Jahre 1700, 1800 und 1900 normale Jahre ohne Schalttage, während die Jahre 1600 und jüngst 2000 Schaltjahre geblieben sind. Um die im Laufe der Jahrhunderte ein getretene Verschiebung des julianischen Kalenderjahrs gegenüber dem Sonnenjahr auszugleichen, Gregor XIII. ferner den einmaligen Wegfall von 10 Kalendertagen an. Dazu ließ er unmittelbar auf den 4. Oktober 1582 den 15. Oktober folgen. Damit war der gregorianische Kalender vollendet, der von da an dem julianischen Kalender um 10 Tage voraus war. Seit 1582 sind bis heute 3 weitere Schalttage fortgefallen, dass sich die Differenz zum julianischen Kalender seit dem 1. März 1900 auf 13 Kalendertage erhöht hat.
Die Fürstentümer im Bereich der orthodoxen Kirchen mit Zentrum Byzanz/Konstantinopel (ehem. oströmisches Reich) haben aus politischen Gründen die Kalender-Reform des Papstes in Rom, den sie nicht anerkannten, zunächst nicht mitgemacht. Später sind sie aber doch, wenn auch nur zögerlich, der Kalenderumstellung gefolgt. Als letztes Land im Bereich der orthodoxen Kirchen hat Russland erst 1918 den gregorianischen Kalender eingeführt.
Als Trotzki am 7. November 1917 (nach dem gregorianischen Kalender) das Winterpalais des Zaren in Petrograd (später Leningrad, seit 1991 Sankt Petersburg) stürmen ließ und damit die Revolution auslöste, richtete man sich in Russland also immer noch nach dem alten Kalender und schrieb dort erst den 25. Oktober. Daher hat das Ereignis, das die Welt so sehr veränderte, die Bezeichnung „Oktoberrevolution“ erhalten, die beibehalten wurde.
Die orthodoxen Kirchen haben zwar inzwischen ihren Widerstand gegen die gregorianische Kalender-Reform aufgegeben, die schließlich nur naturwissenschaftliche Gründe hatte. Dennoch sind sie bei der Bestimmung der Termine für die hohen kirchlichen Feiertage aus Tradition beim julianischen Kalender geblieben. Deshalb finden die orthodoxen Feste der Russen, Serben, Griechen, Syrer und Kopten in der Regel später statt als die entsprechenden Feste bei uns.
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