Es hat sich “ausgegruschelt”- Der Untergang von studiVZ & Co.
Gegen Facebook haben sie keine Chance: Netzwerke, wie schülerVZ, studiVZ und meinVZ. Ehemalige Nutzer wechseln schon seit langem zur Konkurrenz über. Wie konnten die VZ-Netzwerke so den Boden unter den Füßen verlieren?
Ein vielversprechender Start
31. Oktober 2005: Das Online Projekt studiVZ wird nach einer Idee von Ehssan Dariani und Dennis Bemmann gegründet. Die Nutzerzahlen steigen stetig, 2009 liegen sie bereits bei 6,2 Millionen Nutzern. „Ziel dieses Projektes ist es, die Netzwerkkultur an europäischen Hochschulen zu fördern, die Anonymität an den Hochschulen zu senken und eine intuitiv bedienbare Plattform zu bieten, auf der sich Studierende sowie studentische Initiativen kostenlos zu überwiegend lokalen Campusthemen organisieren und austauschen können.“ So war die Idee, die hinter dem Projekt steckt, von den VZ-Netzwerken selbst formuliert worden.
Abgeschaut?!
Doch irgendwie erscheint die Idee nicht wirklich neu. Denn im Februar 2004 war bereits das Online-Netzwerk Facebook erschienen. Und wir erinnern uns: Auch dieses sollte am Anfang lediglich zur Kommunikation von Studenten dienen. Genauer gesagt sollte es ausschließlich Harvard-Studenten vernetzen. Etwas später breitete sich das Netzwerk jedoch aus. Zuerst für alle Studenten der Vereinigten Staaten, dann konnten sich auch Unternehmensmitarbeiter und Schüler der High Schools anmelden. Im September 2006 war das Netzwerk auch für ausländische Hochschulen nutzbar und wurde später für jeden, der das 13. Lebensjahr beendet hatte, freigegeben.
Und diese Parallele ist dann auch Facebook aufgefallen. Die Folge: Plagiatsvorwurf. Facebook verklagt studiVZ 2008 zuerst in Kalifornien, 2009 dann vor dem Kölner Landgericht- und scheitert. Zwar sei die Ähnlichkeit deutlich sichtbar, jedoch sei Facebook zur Zeit der Gründung von studiVZ nur für US-Studenten nutzbar, hieß es damals. Zu der Zeit wurde noch vermutet, Facebook habe nur geklagt, weil es einige Startschwierigkeiten in Deutschland gab und das Netzwerk gegen studiVZ, den damaligen Marktführer in Deutschland, nicht gegen ankam.
Facebook vs. VZ
Doch trotz Starschwierigkeiten hat Facebook mittlerweile die Herzen von Deutschlands Internetnutzern erobert. studiVZ und auch seine Ableger schülerVZ und meinVZ sind „out“. Denn Facebook hat schließlich alles was die VZ-Netzwerke auch haben- und noch viel mehr. Während Facebook beinahe die ganze Welt vernetzt, reduzieren sich die VZ-Netzwerke lediglich auf den deutschsprachigen Raum. Zwar waren im Herbst 2006 schon Ableger von studiVZ für Spanien, Italien, Frankreich und Polen gegründet worden, jedoch wurden diese 2008 schon wieder geschlossen. Die Nutzer waren damals aufgefordert worden, sich auf meinVZ anzumelden.
Doch nicht nur, dass man über die VZ-Netzwerke keinen Kontakt zu internationalen Bekanntschaften pflegen kann, sondern auch die getrennten Altersgruppen haben wohl zu den sinkenden Nutzerzahlen geführt. Die Zielgruppen werden abgegrenzt: Schüler, Studenten, Berufstätige. Bei Facebook scheinen dann alle versammelt zu sein. Und warum sich dann noch um ein zweites Profil kümmern, wenn man sich auch auf eins reduzieren kann?
Der Datenschutz führte außerdem auch bei den VZ-Netzwerken zu Problemen. Zwar soll Sicherheit hier höchste Priorität haben, jedoch gab es sogar bei schülerVZ, welches noch geschützter ist als meinVZ und studiVZ, Skandale. Kopierte Daten, gespeicherte Bilder- auch bei den VZ-Netzwerken scheinen die Daten nicht mehr sicher. Für viele Nutzer führte dies zu Verunsicherung, es wurden sich Pseudonyme zugelegt und die Nutzer konnten schwieriger gefunden werden.
Auch technisch lassen die VZ-Netzwerke zu wünschen übrig. Facebook investierte, um sein Netzwerk stetig zu verbessern: neue Funktionen, Spiele, Apps,… Und bei studiVZ? Keine großen Veränderungen. Das deutsche Management konzentrierte sich vorerst bloß auf die Nutzerzahlen, auf die Jahresbilanz, den Gewinn. Es wurde lediglich in Werbung investiert. Das änderte sich erst, als es bereits zu spät war. Im Oktober 2011 wurde die Seite erneuert. Mit dem Ziel, die Nutzerzahlen zu stabilisieren, wurde ein neues Design und neue Funktionen eingeführt. Da diese aber oft nur wie die Kopie einer Facebook-Funktion erscheinen, blieben die Veränderungen bisher ohne wirklichen Erfolg.
Wer trägt die Schuld?
Diese Frage stellte man sich in letzter Zeit wohl öfter, da die Besetzung der Führungspostion häufiger wechselte . Zu anfangs waren noch die Gründer Ehssan Dariani und Dennis Bemmann als Geschäftsführer tätig, Dariani zog sich aber im März 2007 aus der Führungsebene zurück. Nachdem die Holtzbrinck Ventures GmbH, 2006 noch größter Investor der VZ-Netzwerke, das Unternehmen im Januar 2007 vollständig übernommen hatte, legte 2008 dann auch Dennis Bemmann sein Amt nieder, ebenso der 2006 hinzugestoßene Michael Brehm. Im März 2009 übernahm Markus Berger-de León, ehemaliger Chef des Aktionshauses my-hammer.de, dann die Führung des Unternehmens, um sie dann Anfang 2010 an Clemens Riedl zu übergeben. Doch auch Riedl, der schon länger bei den VZ-Netzwerken tätig war, gab nach einem Jahr die Führung ab. 2011 übernahm dann Stefanie Waehlert, ehemaliger Geschäftsführerin von Lokalisten Media, die Führung des Unternehmens. Ob diese nun das scheinbar sinkende Schiff retten kann, ist jedoch fraglich.
Trug dieser häufige Führungswechsel zum Untergang der VZ-Netzwerke bei oder trägt einer der Geschäftsführer die Schuld? Oder liegt die Schuld vielleicht bei der Holtzbrinck GmbH?
2008 wollte Facebook die VZ-Netzwerke sogar kaufen. Im Gegenzug hätte Holtzbrink 4 Prozent Beteiligung an Facebook erhalten. Laut der Financial Times Deutschland wäre diese Beteiligung heute 2,8 Millarden Dollar wert. Ein Vergleich: 2007 hatte Holtzbrinck für die VZ-Netzwerke 85 Millionen Dollar bezahlt. Im Nachhinein ein lohnendes Geschäft- das jedoch platzte. Laut der Frankfurter Allgemeinen hatte Stefan von Holtzbrinck, Geschäftsführer der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, das Angebot selbstbewusst abgelehnt, da die VZ-Netzwerke damals die führenden sozialen Netzwerke Deutschlands waren. Holtzbrinck jedoch streitet dies ab, das Geschäft soll datenschutzrechtlichen Auflagen, die so nicht beeinflussbar waren, gescheitert sein. Sicher ist jedoch, dass Holtzbrinck sich letztes Jahr dann auf die Suche nach einem Käufer machte- vergeblich. Facebook kam als Intressent auch nicht mehr in Frage. Warum auch, die Nutzer der VZ-Netzwerke laufen mittlerweile schon freiwillig zu Facebook über. Die von den VZ-Netzwerken an Facebook bemängelte Sicherheit scheinen die Nutzer dafür auch in Kauf zu nehmen.
Doch nicht nur die Nutzer schwinden, auch die Mitarbeiter. Wenn wohl eher unfreiwillig. Kürzlich wurde bekanntgegeben, dass die VZ-Netzwerke ein Drittel ihrer Mitarbeiter entlassen müssen. Stefanie Waehlert spricht von einer tiefgreifenden Neuordnung. Genaueres ist noch nicht bekannt.
Kein Witz, die Seite gibt es wirklich. Demnach steht der „Tod“ von studiVZ kurz bevor. Zwar wurde dieser ursprünglich für den 1. April, später für den 12. April vorausgesagt, und verschiebt sich auch weiterhin nach hinten, trotzdem sieht die Zukunft von studiVZ nicht wirklich rosig aus, auch wenn Holtzbrinck plant, nun noch einmal Geld zu investieren. Geplant ist auch, studiVZ und meinVZ zusammenzulegen. Ob diese Maßnahmen den Negativtrend der VZ-Netzwerke stoppen können? Wohl doch eher unwahrscheinlich. Die Masse scheint sich entschieden zu haben: Für den blauen Riesen Facebook.
Ein sehr gelungener Text, gut geschrieben muss ich sagen! Jedoch sind mir beim lesen mind. drei Fehler aufgefallen, einmal wurde sogar das Wort studiVZ mit dem Wort Facebook vertauscht. Vielleicht nochmal korrektur lesen